Zahlreiche Bücher gibt es, die sich mit dem Abschiednehmen beschäftigen: Wie lernen Kinder damit umzugehen, wenn nahe Verwandte sterben – besonders die Großeltern. Was können Eltern tun? Kaum aber nehmen sich Kinderbücher bislang dem Thema des Älterwerdens an. Warum reagieren ältere Menschen manchmal andres als jüngere? Warum verhalten sie sich anders? Und was machen sie eigentlich in Altenheimen? Géraldine Elscher und Jonas Laustroer zeigen eben dies in ihrem neuen Kinderbuch „Der alte Schäfer„.
Antons Großvater lebt in einem Altenheim. Es geht ihm gut und er bekommt gerne Besuch von seinem Enkelkind. Es gibt in diesem Heim jedoch auch andere Menschen, dennen es nicht so gut geht wie Antons Opa. Ein alter Mann mit finsterem und starrem Blick macht Anton Angst. Von seinem Großvater erfährt Anton, dass der alte Mann früher Schäfer war und sich in dem neuen Leben im Heim nicht eingefunden hat. Die Zuneigung zu Schafen kann Anton gut nachempfinden, ist doch sein Lieblingskuscheltier selbst ein lebensgroßes Schaf. Kurzerhand bringt der sein Kuschelschaf Olaf ins Altenheim und überredet zudem auch noch die Direktorin dazu, lebendige Schafe für den Garten zu besorgen. Und hierdurch verändert sich nicht nur das Leben des alten Schäfers: Auch die anderen Altenheimbewohner haben Freude an den Tieren und Anton und seine Freunde kommen regelmäßig, um die Schafe zu versorgen und vom alten Schäfer zu lernen.
Mit eindrücklichen Bildern wird hier eine berührende Geschichte erzählt, die so tatsächlich einmal stattgefunden hat. Otto, der alte Schäfer, lebte in einem bayerischen Altenheim. Um ihm neue Lebensfreude zu geben, sind fünf Kamerunschafe in das Heim mit eingezogen.
Jonas Laustroer hat die Geschichte um Anton und den Schäfer Otto mit bewegenden, teils surrealen Bildern illustriert. Antons Angst ist nachzuvollziehen vor dem starren und irren Blick des alten Mannes, der sich im Laufe der Geschichte verändert. Sanfte Farben unterstreichen den Charakter der Bleistiftzeichnungen, die die Atmosphäre eines Altenheimes gut einfangen. Wichtiger noch als die wirklich gelungenen Bilder ist jedoch die erzählte Geschichte davon, wie schwer es für alte Menschen ist, von ihren Gewohnheiten Abschied nehmen zu müssen. Es wird klar, dass eine stumpfe Unterbringung und Pflege nicht das ist, was Menschen am Ende ihres Lebens benötigen. Auch sie brauchen Aufgaben und müssen das liebgewonnene und wichtige des Lebens um sich haben. Die Pflege eines alten Menschen unterscheidet sich daher nicht von der, die wir in jeder Phase unseres Lebens benötigen: Zuwendung, Einfühlungsvermögen und Gemeinschaft.
Gesamturteil: Ein wirkliches gelungenes Buch für Kinder ab 3 Jahren.