Im Leben mit Kindern werden Eltern immer wieder vor große Fragen gestellt. Neben den Fragen zum Schlafen und Wachen, zum Stillen oder der allgemeinen Entwicklung gibt es auch grundsätzliche Fragen dazu, wie Werte vermittelt werden sollen und wollen, wie „Erziehung“ überhaupt funktioniert. Diesen allgemeinen Fragen der Elternschaft widmet sich Michaela Glöcklers „Elternsprechstunde: Erziehung aus Verantwortung„.
Dr. Michaela Glöckler, bekannt durch den medizinisch-pädagogischen Ratgeber „Kindersprechstunde„, wendet sich in der „Elternsprechstunde“ auf 460 Seiten den grundlegenden Fragen der Erziehung zu. Neben Gedanken zu den Themen der Vaterschaft, Ehe und des Alleinerziehens werden u.a. auch Angst im Kindesalter, Aggression und Aggressivität, Lernen, Liebefähigkeit, Idealismus, Strafe und Belohnung erörtert. Ähnlich der Darstellung in der „Kindersprechstunde„, werden hier ebenfalls die Zusammenhänge zwischen Seele und Gesundheit thematisiert und als wichtige Basis für (pädagogisches) Handeln angesehen.
Dr. Michaela Glöckler, die selbst bis zum Abitur eine Waldorfschule besucht hat und heute u.a. die Leitung der Medizinischen Sektion am Goetheanum innehat, nähert sich dem Thema der Erziehung aus anthroposophischer Sicht. Wie auch in der „Kindersprechstunde“ basiert das hier weitergegebene Wissen auf den Lehren Rudolf Steiners. Noch stärker als in ihrem medizinischen Werk wird in der „Elternsprechstunde“ auf den Prinzipien der Waldorfpädagogik aufgebaut und deren Gewinn für die kindliche Entwicklung beschrieben. Für Eltern, die bislang keine Erfahrungen mit diesem pädagogischen Ansatz gemacht haben, kann das Buch als eine Einführung in die Anthroposophie dienen. Insbesondere das Kapitel „Was ist Waldorfpädagogik?“ ist als Einführungstext gut geeignet und bildet die Haltung gegenüber dem Kind in den einzelnen Phasen der Kindheit und Jugend ab. Andere Denkansätze, wie die Beschreibung der Verbindung von Leib, Seele, Geist und Gesundheit erfordern einen tieferen Einblick in die anthroposophische Grundhaltung und kann auf Eltern, die noch keine Erfahrungen mit Rudolf Steiners Lehren haben, befremdlich wirken und einer tieferen Auseinandersetzung bedürfen. Da es sich in der „Elternsprechstunde“ im Gegensatz zur „Kindersprechstunde“ jedoch um die Grundhaltung in der Erziehung geht und nicht um konkrete Lösungsvorschläge für einzelne Problembereiche, gibt es interessante Denkanstöße insbesondere auch für Nicht-Anthroposophen.
Gesamturteil: Ein durchaus lesenswertes Buch für Eltern und Pädagogen, das zum Nachdenken über die Zusammenhänge von Umwelt und kindlicher Entwicklung einlädt.