Nachdem das Kind im Mutterleib getragen wurde und dabei Wärme, Nähe und Geborgenheit empfunden hat, wird es geboren in eine Welt, die sich zunächst einmal sehr unterscheidet von den Erfahrungen, die es bisher gemacht hat. Gerade nun, in der Umstellung auf ein (neues) Leben, ist es wichtig, dass das Kind ebenso viel Nähe und Geborgenheit erfährt, damit es sich gut einleben kann. Anja Manns und Anne Christine Schrader gehen der Frage nach, welche Rolle das Tragen des Kindes hierbei spielen kann und sollte.
In „Ins Leben tragen“ wird das Tragen aus vielen Blickwinkeln betrachtet. Sowohl Psychologie und Soziologie finden ihren Platz als auch ethnologische und verhaltensbiologische Gesichtspunkte und medizinische Standpunkte. Neben einer Einführung zum Begriff des Tragens und der Definition des Kindes als Tragling (in Abgrenzung von Nesthockern und Nestflüchtern), werden einführend evolutionstheoretische Aspekte des Tragens aufgeführt und die geschichtliche Entwicklung nachgezeichnet, bevor auf die medizinischen Vorteile eingegangen wird. Die Bindungstheorie von John Bowlby wird ebenso berücksichtig wie Lern- und Sozialisationstheorien. Abschließend werden verschiedene Tragemodelle vergleichend vor- (Tragetuch, Tragesitz, Tragesack, Tragegestelle) und dem Kinderwagen/Buggy gegenübergestellt.
Anja Manns und Anne Christine Schrader legen in diesem Buch in überarbeiteter Form ihre Diplomarbeit dar. Aus diesem Grund werden alle für das Tragen wesentlichen Aspekte angesprochen. Der Leser erhält somit eine fundierte Grundlage zum Thema. Eine eigene kleine, nicht repräsentative Studie rundet dieses Bild ab. Insgesamt liest sich das Buch gut und beinhaltet einige interessante Details, welche in Evelin Kirkilionis Buch nicht zu finden sind (beispielsweise die Geschichte des Tragens und Kinderwagens), doch ist es – bedingt durch seinen ursprünglichen Zweck als Diplomarbeit – zuweilen etwas spröde und wissenschaftlicher als Kirkilionis Tragebuch zu lesen.
Gesamturteil: Interessante Lektüre zum Thema Tragen. Zu empfehlen eher für berufsbedingt interessierte Personen oder als Erweiterung bereits bestehenden Wissens. Als Einstiegslektüre in das Thema Tragen ist Kirkilionis „Ein Baby will getragen sein“ jedoch leichter.